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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 02.02.1990
Aktenzeichen: 2 U 199/89
Rechtsgebiete: AKB
Vorschriften:
AKB § 14 | |
AKB § 15 |
Tatbestand:
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils hat der Kläger das Sachverständigenverfahren nach § 14 AKB eingeleitet. In seiner Sitzung vom 14.9.1989 hat der Sachverständigenausschuß die Kosten für die Instandsetzung des unfallbeschädigten Pkw des Klägers mit 20.990,82 DM einschließlich Mehrwertsteuer festgestellt. Unter Zugrundelegung des von ihm ermittelten Neupreises von 34.860,00 DM ergab sich damit, daß die Reparaturkosten unter der 70 %-Grenze des § 13 Nr. 4 b AKB liegen und dem Kläger abzüglich des Selbstbehalts von 1.000,00 DM und der bereits von der Beklagten geleisteten Zahlung von 18.250,21 DM nur noch ein Anspruch auf Ersatz restlicher Reparaturkosten in Höhe von 1.740,61 DM zustand.
Der Kläger hat darauf hin in Höhe von 9.857,18 DM, der Differenz zwischen der ursprünglichen Klageforderung und dem durch den Sachverständigenausschuß festgestellten Ersatzanspruch, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und im übrigen den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Zahlung von 1.740,61 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 28.7.1988 zu verurteilen.
Nachdem die Beklagte weitere 1.040,36 DM gezahlt und den Rest betrag von 700,25 DM mit dem ihr in gleicher Höhe gegen den Kläger zustehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten des Sachverständigenverfahrens verrechnet hatte, hat er den Rechtsstreit auch im übrigen für erledigt erklärt. Die Beklagte hat seiner Erledigungserklärung widersprochen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Klage sei ursprünglich begründet gewesen. Da die Beklagte vorprozessual nicht zu erkennen gegeben habe, daß sie den Sachverständigenausschuß anrufen wolle, sei davon auszugehen gewesen, daß sie auf die Durchführung des Sachverständigenverfahrens verzichtet habe. Im übrigen sei vorprozessual nicht nur um die Höhe des Schadens, sondern auch um den Umfang des Versicherungsschutzes gestritten worden, da die Beklagte die Ansicht vertreten habe, daß der von der Normalausstattung abweichende Fahrwerksaufbau gemäß Teileliste 2 zu § 12 Nr. 1 AKB gesondert hätte mitversichert werden müssen. Die Entscheidung über diese Streitfrage falle aber nicht in die Zuständigkeit des Sachverständigenausschusses nach § 14 AKB. Dies gelte auch, soweit sie in Abrede gestellt habe, daß er als Ersterwerber des Fahrzeuges im Sinne von § 13 Nr. 4 b AKB anzusehen sei. Damit ergebe sich, daß er zur Erhebung der Leistungsklage berechtigt gewesen sei. Wenn die Beklagte erst nach Klageerhebung ihre den Grund ihrer Leistungspflicht betreffenden Einwände fallengelassen und sich auf § 14 AKB berufen habe, stelle sich dies als treu widriges Verhalten dar.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags die Auffassung, daß auf Grund der Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens von vornherein klar gewesen sei, daß statt einer Klageerhebung das Verfahren nach § 14 AKB hätte durchgeführt werden müssen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO). Das somit zulässige Rechtsmittel hat indessen in der Sache keinen Erfolg, da der Antrag des Klägers, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, unbegründet ist und es deswegen bei dem erstinstanzlichen Ausspruch der Klageabweisung verbleibt.
Die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache setzt voraus, daß die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war. Die Zahlungsklage war indessen von Anfang an unbegründet.
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist die Durchführung des Sachverständigenverfahrens nach § 14 AKB Fälligkeitsvoraussetzung für den Anspruch auf die Versicherungssumme, da es die Feststellung der Entschädigung im Sinne von § 15 AKB zum Gegenstand hat. Beruft sich der Versicherer im Prozeß auf § 15 AKB ist die Klage daher mangels Fälligkeit des Anspruchs als unbegründet abzuweisen (h.M.; vgl. Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 14. Aufl., § 14 AKB Rdn. 6 mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
Dem Landgericht ist auch insoweit zu folgen, als es ausgeführt hat, daß es dem Versicherer nach Treu und Glauben grundsätzlich nicht verwehrt sei, den Einwand nach § 14 AKB erst im Prozeß zu erheben. Das Sachverständigenverfahren soll die Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien eines Versicherungsvertrages vereinfachen, beschleunigen und insbesondere kostenmäßig verbilligen. Diese Grundsätze finden auch dann noch Anwendung, wenn ein Rechtsstreit bereits begonnen hat (LG Köln, VersR 83, 385 und 82, 796; LG München VersR 81, 627; Prölß-Martin, VVG, 24. AufI., § 14 AKB Anm. 1). Für den Kläger war auf Grund der AKB, die Gegenstand des Versicherungsvertrags waren, erkennbar, daß er im Hinblick auf den Streit über die Höhe seines Anspruchs dieses Verfahren wählen mußte. Wenn er sich gleichwohl ohne Rückfrage bei der Beklagten für die Klage entschieden hat, so handelte er auf eigenes Risiko.
Es kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht davon aus gegangen werden, daß die Beklagte auf die Durchführung des Verfahrens nach § 14 AKB verzichtet habe. Aus dem Umstand, daß die Beklagte trotz Vorliegens zweier Sachverständigengutachten zu den Reparaturkosten, von denen eines von ihr und eines vom Kläger in Auftrag gegeben worden ist, noch einen weiteren Sachverständigen beauftragt hat, läßt sich nicht entnehmen, daß sie damit von der Durchführung des Sachverständigenverfahrens nach § 14 AKB hat Abstand nehmen wollen. Denn die Einholung dieses Gutachtens ist ersichtlich erfolgt, um den Einwänden des Klägers, die dieser auf das von ihm veranlaßte Gutachten des Sachverständigen SV1 stützte, wirksam begegnen zu können. Da auch dieses Gutachten nicht geeignet war, die klägerischen Behauptungen zur Höhe der Reparaturkosten zu bestätigen, lag es auf der Hand, daß mit ihm die insoweit bestehenden Meinungsverschiedenheiten nicht beigelegt werden konnten.
Der Kläger kann sich ferner nicht darauf berufen, daß sich der Streit der Parteien vorprozessual auch auf den Umfang der Versicherung und damit den dem Verfahren nach § 14 AKB entzogenen Grund des Anspruchs bezogen habe.
Da nach der Systematik der AKB der Streit über die Höhe der Entschädigung vom Streit über die Deckungspflicht streng zu trennen ist (OLG Stuttgart VersR 80, 1114; Stiefel-Hofmann a.a.O., Rdn. 9), kann dem Versicherer der Einwand des § 14 AKB auch in einem solchen Fall grundsätzlich nicht verwehrt werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Versicherer seine Deckungspflicht dem Grunde nach endgültig (§ 8 Abs. 1 AKB) abgelehnt hat (BGH VersR 54, 388; OLG Hamm VersR 86, 567, 569; OLG Nürnberg VersR 60, 975).
Eine endgültige Ablehnung des Versicherungsschutzes für die fragliche Sonderausstattung des Pkw des Klägers hat die Beklagte indessen nicht erklärt. Aus ihrem Schreiben vom 24.6.1988 läßt sich dies nicht entnehmen. Zwar bringt sie dort zum Ausdruck, daß die Fahrwerksveränderung nicht mitversichert sei. Indessen ergibt sich hieraus nicht, daß ihre Auffassung hierzu endgültig und unumstößlich war, zumal das genannte Schreiben nicht in der für eine endgültige Ablehnung des Anspruchs üblichen Form des § 8 Abs. 1 AKB abgefaßt ist.
Hinzu kommt, daß es im Streitfall in erster Linie gar nicht um die Ersatzpflicht hinsichtlich der fraglichen Sonderausstattung ging. Diese Frage stellte sich vielmehr nur im Rahmen des § 13 Nr. 4 b AKB, da es in diesem Fall auf den Neupreis des Fahrzeuges und damit darauf ankam, ob bei dessen Ermittlung auch diese Teile zu berücksichtigen sind. Die Frage, ob dem Kläger eine höhere als die sich aus dem Gutachten ... dessen Inhalt die Beklagte bei ihrer Schadensregulierung zugrunde gelegt hat, ergebende Entschädigung zustand, ist aber auch dann von entscheidender Bedeutung, wenn die Reparaturkosten unter 70 % des Neuwertes des Kraftfahrzeuges lagen. Denn in diesem Fall hätte der Kläger nur einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten. Gerade deren Höhe war aber zwischen den Parteien höchst streitig. Selbst wenn man von dem vom Kläger behaupteten Neupreis ausgeht, konnte durch das Sachverständigenverfahren zur Höhe der Reparaturkosten der Streit um den Umfang der Versicherungspflicht durchaus gegenstandslos werden, nämlich dann, wenn der Sachverständigenausschuß - wie hier - zu dem Ergebnis gelangte, daß die Reparaturkosten auch unter Zugrundelegung der Neupreisangabe des Klägers die Grenze von 70 % des Neupreises nicht erreichten.
Diese Erwägungen gelten auch, soweit die Beklagte sich darauf berufen hat, daß der Kläger nicht Ersterwerber des Pkw im Sinne des § 13 Nr. 4 b AKB sei. Denn auch dieser Umstand ist nur dann von Bedeutung, wenn die Reparaturkosten 70 % des Neupreises erreichen oder übersteigen.
Der Kläger hat die Kosten seiner Berufung zu tragen, da das Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die festgesetzte Beschwer entspricht dem bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers maßgeblichen Kosteninteresse (BGH NJW 61, 1210).
Ende der Entscheidung
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